Unterliederbach. Eingehender Notruf bei der Feuerwehrleitstelle: Explosion in der Küche eines Hotels, starke Rauchentwicklung, das Dach steht in Flammen. Zwei bis drei Minuten dauert es, bis der erste Trupp der Freiwilligen Feuerwehr Unterliederbach im Gerätehaus einsatzbereit und wenige Minuten später am Einsatzort ist. Dicke Rauchschwaden breiten sich schon im Innenhof aus. Die Anwohner wurden zwar schon informiert und evakuiert, doch noch ist nicht klar, ob sich weitere Personen im brennenden Gebäude des Gasthofes „Zum goldenen Löwen" aufhalten.
Schaulustige sammeln sich am Einsatzort, während die neun Männer des ersten Angrifftrupps in Windeseile Vorbereitungen für eine mögliche Menschenrettung treffen. Schläuche werden ausgerollt, Steigen an die Hauswand gelehnt. Schon klettern die Ersten in ihren Atemschutzgeräten durch das Fenster im oberen Stock und sondieren die Lage.
Ein Sicherheitstrupp steht unten parat, für den Fall der Fälle. Denn es gilt nicht nur andere Menschenleben zu retten, sondern auch das Leben der eigenen Männer nicht zu gefährden. Schon kurze Zeit später ist klar: es befinden sich keine Personen im Gebäude, die Brandbekämpfung kann beginnen.
Zum Glück ist alles „nur" eine Übung. Mit dem sogenannten „Anspritzen" läutete die Freiwillige Feuerwehr Unterliederbach die diesjährige Saison für ihre Standardübungen ein. Und so waren auch die Zaungäste vor Ort keine Schaulustigen, sondern Zuschauer eines Übungsszenarios, dass insgesamt 18 Männer der Freiwilligen Feuerwehr eine Dreiviertelstunde auf Trab hielt.
Nicht nur Mensch, sondern auch Material wurde hier getestet. Etwa das neu eingeführte System zur Atemschutzüberwachung. Seit Anfang des Jahres wird nun auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Unterliederbach der Atemschutz mit dem System „Merlin" überwacht. Maximal 20 Minuten dürfen die Teams mit ihren Atemschutzgeräten im Einsatz sein. Doch: „Für den Feuerwehrmann ist es kaum möglich, beim Einsatz auch noch auf die Zeit zu achten", erklärt der stellvertretende Stadtbrandinspektor Gunter Renner.
Lebensrettend ist also möglicherweise die penible Überwachung mit dem neuen System. „Merlin" kontrolliert elektronisch die Einsatzzeiten jedes Feuerwehrmanns und warnt mit hörbarem Signalton, wenn die Zeit knapp wird.
Der Umgang mit dem neuen System will gelernt sein, wie sich bei der Übung herausstellte. Andernfalls rächt sich ein Bedienungsfehler; in der Übung mit wildem, laut hörbarem Gepiepse, beim echten Einsatz womöglich mit weitaus schlimmeren Folgen.
Übung macht den Meister und so war nach einer knappen Stunde Wehrführer Thomas Schwind rundum zufrieden. 20 Minuten haben die Männer für den Einsatz selbst gebraucht. Schwind verrät: „Normalerweise sind wir schneller." Für die Zuschauer habe man alles eine Tick langsamer und damit besser nachvollziehbarer gemacht.
In der Realität sieht das anders aus. Da zählt jede Sekunde. „Hochsensibel" sei man gerade nach der schrecklichen Brandkatastrophe in Ludwigshafen im Februar. Feuer im Treppenhaus, die gleiche Meldung wie in Ludwigshafen, hatte die Unterliederbacher Feuerwehr nach Ostern vier Mal alarmiert. Unter Hochspannung stehe man jedes Mal, erklärt der Stadtbrandinspektor Renner. Dramatische Ereignisse sind den Männern aus Unterliederbach aber bisher erspart geblieben.
Jeweils Freitags zwischen 20 und 22 Uhr übt die Freiwillige Feuerwehr Unterliederbach. Die Jugend trifft sich dienstags zwischen 18 und 20 Uhr. Wehrführer Schwind: „Interessierte Zuschauer sind jederzeit willkommen."